DPA, Baden-Württemberg, 24.02.2023

Panzermotoren aus der Urlaubsregion: Die andere Seite des Bodensees

Friedrichshafen. Bekannt ist der Bodensee für seine Zeppeline, Segelschiffe und Stand-Up-Paddler. Doch das beliebte Urlaubsziel hat auch eine andere weit weniger bekannte Seite. Namhafte Unternehmen wie Airbus Defence and Space, Diehl Defence und MTU, heute bekannt als Rolls-Royce Power Systems, produzieren und entwickeln am Bodensee Wehrtechnik. Eines haben sie alle gemeinsam: Über konkrete Zahlen reden die Konzerne nur ungern.

Das war auch schon vor dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine vor einem Jahr so. Doch die Aufmerksamkeit für die Branche ist seitdem deutlich gewachsen. Das liegt laut dem Bundesverband der Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie (BDSV) sicher auch an dem Sondervermögen in Höhe von 100 Milliarden Euro, das in die Ausstattung der Bundeswehr fließen soll. Die Unternehmen rechnen mit vollen Auftragsbüchern.

Einen offiziellen Überblick über die Rüstungsindustrie sucht man trotz ihrer Bedeutung vergebens. Die letzte Statistik ist Jahrzehnte alt, auch das Wirtschaftsministerium in Baden-Württemberg hat keinen Überblick für den Südwesten. Um die Lücke zu schließen, hat das Bundeswirtschaftsministerium eine Studie in Auftrag gegeben.

Das Problem: Zum einen sind es rechtliche Vorgaben und zum anderen die Definition. «Die» Rüstungsindustrie als Solche gibt es laut BDSV nicht. Sie ist demnach sehr kleinteilig und wie in anderen Bereichen auch von vielen Mittelständlern geprägt. Große Rüstungskonzerne wie Rheinmetall oder Kraus-Maffei Wegmann müssten zum Teil mit Hunderten Zulieferern arbeiten, die nur zu gewissen Teilen der Rüstungsindustrie zuzurechnen seien. Viele von ihnen erwirtschaften den Großteil ihrer Umsätze mit zivilen Gütern.

So wie MTU in Friedrichshafen. Das Tochterunternehmen des britischen Luftfahrtkonzerns Rolls-Royce produziert in seinem Werk am Bodensee die Motoren für alle bekannten Panzerreihen: vom Leopard über den Marder bis zum Puma. Doch seinen Schwerpunkt hat Power Systems in der Herstellung von schnelllaufenden Antriebssystemen für Schiffe und schwere Land- und Schienenfahrzeuge. Auch Stromkraftwerke gehören zum Portfolio. Die große Nachfrage nach Notstromaggregaten und Jacht-Motoren sorgte im vergangenen Jahr für ein Umsatzplus von 23 Prozent auf bereinigt 3,3 Milliarden britische Pfund (3,9 Milliarden Euro).

Das sogenannte Behördengeschäft, in das auch die Panzermotorenproduktion fällt, machte laut Unternehmen 2022 zehn Prozent des Gesamtumsatzes aus und wuchs nur um ein Prozent. Große Aufträge der Bundesregierung seien noch nicht eingegangen, so der Vorstand. Vorbereitet sei man aber.

Airbus Defence and Space in der kleinen Bodensee-Gemeinde Immenstaad ist zwar auf Satelliten spezialisiert, macht aber auch Geschäft mit der Luftverteidigung. Ende November meldete das Unternehmen die Produktion der 2000. Zieldrohne, die einen Angriff mit Kampfjets oder anderen Marschflugkörpern simulieren kann. Kunden sind Streitkräfte auf der ganzen Welt.

«Airbus Defence hat im vergangenen Jahr einige wichtige Aufträge für Airbus Defence and Space gewonnen», erklärt ein Sprecher. Dazu gehörten etwa das unbemannte Flugsystem Eurodrone und 20 Eurofighter-Kampfflugzeuge der neuesten Generation für die spanischen Luftstreitkräfte. «Zum Airbus-Defence-and-Space-Umsatz hat der Bereich Military Aircraft, zu dem auch die Eurodrone zählt, 53 Prozent beigetragen.» 2021 seien es 52 Prozent gewesen.

Auch die aus einer früheren Sparte des Airbus-Konzerns 2017 hervorgegangene Hensoldt AG, die Sensor- und Radarsystem herstellt, hat neben München und Ulm auch einen Sitz in Immenstaad. Ein paar Kilometer weiter westlich liegt Überlingen, wo das Unternehmen Diehl Defence unter anderem Hightech-Lenkflugkörper, Munition und Luftverteidigungssysteme fertigt.

Damit ist der Bodensee laut Experten neben Bayern und der Küstenregion im Norden ein wichtiger Cluster der Rüstungsbranche. Das liegt unter anderem an der Luftfahrtindustrie, die mit dem Zeppelin eine lange Tradition am Bodensee hat. Im ganzen Bundesland sei die Sicherheits- und Verteidigungsindustrie breit aufgestellt und über das ganze Land verteilt, sagte eine Sprecherin des Wirtschaftsministeriums.

Schätzungen der Tübinger Informationsstelle für Militarisierung zufolge gibt es in Baden-Württemberg 120 Unternehmen in der Rüstungsbranche, verteilt auf 70 Standorte. Der gemeinnützige Verein, den es seit den 90er Jahren gibt, gehört zu den Kritikern der Rüstungsindustrie und will das Bewusstsein für die Verzweigungen in der Branche fördern und fordert gleichzeitig ihre Abschaffung.

«Reine Rüstungsunternehmen gibt es fast gar nicht mehr», sagt Andreas Seifert, der die Informationsstelle mitgegründet hat. Die hochgradige Fragmentierung der Industrie sei ein Grund dafür, wieso sie zu einem großen Teil intransparent sei. Viel Geld könne man mit Wehrtechnik aber trotzdem machen - auch am Bodensee.

 
Panzermotoren aus der Urlaubsregion: Die andere Seite des Bodensees
 
Friedrichshafen. Bekannt ist der Bodensee für seine Zeppeline, Segelschiffe und Stand-Up-Paddler. Doch das beliebte Urlaubsziel hat auch eine andere weit weniger bekannte Seite. Namhafte Unternehmen wie Airbus Defence and Space, Diehl Defence und MTU, heute bekannt als Rolls-Royce Power Systems, produzieren und entwickeln am Bodensee Wehrtechnik. Eines haben sie alle gemeinsam: Über konkrete Zahlen reden die Konzerne nur ungern.
 
Das war auch schon vor dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine vor einem Jahr so. Doch die Aufmerksamkeit für die Branche ist seitdem deutlich gewachsen. Das liegt laut dem Bundesverband der Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie (BDSV) sicher auch an dem Sondervermögen in Höhe von 100 Milliarden Euro, das in die Ausstattung der Bundeswehr fließen soll. Die Unternehmen rechnen mit vollen Auftragsbüchern.
 
Einen offiziellen Überblick über die Rüstungsindustrie sucht man trotz ihrer Bedeutung vergebens. Die letzte Statistik ist Jahrzehnte alt, auch das Wirtschaftsministerium in Baden-Württemberg hat keinen Überblick für den Südwesten. Um die Lücke zu schließen, hat das Bundeswirtschaftsministerium eine Studie in Auftrag gegeben.
 
Das Problem: Zum einen sind es rechtliche Vorgaben und zum anderen die Definition. «Die» Rüstungsindustrie als Solche gibt es laut BDSV nicht. Sie ist demnach sehr kleinteilig und wie in anderen Bereichen auch von vielen Mittelständlern geprägt. Große Rüstungskonzerne wie Rheinmetall oder Kraus-Maffei Wegmann müssten zum Teil mit Hunderten Zulieferern arbeiten, die nur zu gewissen Teilen der Rüstungsindustrie zuzurechnen seien. Viele von ihnen erwirtschaften den Großteil ihrer Umsätze mit zivilen Gütern.
 
So wie MTU in Friedrichshafen. Das Tochterunternehmen des britischen Luftfahrtkonzerns Rolls-Royce produziert in seinem Werk am Bodensee die Motoren für alle bekannten Panzerreihen: vom Leopard über den Marder bis zum Puma. Doch seinen Schwerpunkt hat Power Systems in der Herstellung von schnelllaufenden Antriebssystemen für Schiffe und schwere Land- und Schienenfahrzeuge. Auch Stromkraftwerke gehören zum Portfolio. Die große Nachfrage nach Notstromaggregaten und Jacht-Motoren sorgte im vergangenen Jahr für ein Umsatzplus von 23 Prozent auf bereinigt 3,3 Milliarden britische Pfund (3,9 Milliarden Euro).
 
Das sogenannte Behördengeschäft, in das auch die Panzermotorenproduktion fällt, machte laut Unternehmen 2022 zehn Prozent des Gesamtumsatzes aus und wuchs nur um ein Prozent. Große Aufträge der Bundesregierung seien noch nicht eingegangen, so der Vorstand. Vorbereitet sei man aber.
 
Airbus Defence and Space in der kleinen Bodensee-Gemeinde Immenstaad ist zwar auf Satelliten spezialisiert, macht aber auch Geschäft mit der Luftverteidigung. Ende November meldete das Unternehmen die Produktion der 2000. Zieldrohne, die einen Angriff mit Kampfjets oder anderen Marschflugkörpern simulieren kann. Kunden sind Streitkräfte auf der ganzen Welt.
 
«Airbus Defence hat im vergangenen Jahr einige wichtige Aufträge für Airbus Defence and Space gewonnen», erklärt ein Sprecher. Dazu gehörten etwa das unbemannte Flugsystem Eurodrone und 20 Eurofighter-Kampfflugzeuge der neuesten Generation für die spanischen Luftstreitkräfte. «Zum Airbus-Defence-and-Space-Umsatz hat der Bereich Military Aircraft, zu dem auch die Eurodrone zählt, 53 Prozent beigetragen.» 2021 seien es 52 Prozent gewesen.
 
Auch die aus einer früheren Sparte des Airbus-Konzerns 2017 hervorgegangene Hensoldt AG, die Sensor- und Radarsystem herstellt, hat neben München und Ulm auch einen Sitz in Immenstaad. Ein paar Kilometer weiter westlich liegt Überlingen, wo das Unternehmen Diehl Defence unter anderem Hightech-Lenkflugkörper, Munition und Luftverteidigungssysteme fertigt.
 
Damit ist der Bodensee laut Experten neben Bayern und der Küstenregion im Norden ein wichtiger Cluster der Rüstungsbranche. Das liegt unter anderem an der Luftfahrtindustrie, die mit dem Zeppelin eine lange Tradition am Bodensee hat. Im ganzen Bundesland sei die Sicherheits- und Verteidigungsindustrie breit aufgestellt und über das ganze Land verteilt, sagte eine Sprecherin des Wirtschaftsministeriums.
 
Schätzungen der Tübinger Informationsstelle für Militarisierung zufolge gibt es in Baden-Württemberg 120 Unternehmen in der Rüstungsbranche, verteilt auf 70 Standorte. Der gemeinnützige Verein, den es seit den 90er Jahren gibt, gehört zu den Kritikern der Rüstungsindustrie und will das Bewusstsein für die Verzweigungen in der Branche fördern und fordert gleichzeitig ihre Abschaffung.
 
«Reine Rüstungsunternehmen gibt es fast gar nicht mehr», sagt Andreas Seifert, der die Informationsstelle mitgegründet hat. Die hochgradige Fragmentierung der Industrie sei ein Grund dafür, wieso sie zu einem großen Teil intransparent sei. Viel Geld könne man mit Wehrtechnik aber trotzdem machen - auch am Bodensee.
DPA Baden-Württemberg, 24.02.2023
 
Panzermotoren aus der Urlaubsregion: Die andere Seite des Bodensees
 
Friedrichshafen. Bekannt ist der Bodensee für seine Zeppeline, Segelschiffe und Stand-Up-Paddler. Doch das beliebte Urlaubsziel hat auch eine andere weit weniger bekannte Seite. Namhafte Unternehmen wie Airbus Defence and Space, Diehl Defence und MTU, heute bekannt als Rolls-Royce Power Systems, produzieren und entwickeln am Bodensee Wehrtechnik. Eines haben sie alle gemeinsam: Über konkrete Zahlen reden die Konzerne nur ungern.
 
Das war auch schon vor dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine vor einem Jahr so. Doch die Aufmerksamkeit für die Branche ist seitdem deutlich gewachsen. Das liegt laut dem Bundesverband der Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie (BDSV) sicher auch an dem Sondervermögen in Höhe von 100 Milliarden Euro, das in die Ausstattung der Bundeswehr fließen soll. Die Unternehmen rechnen mit vollen Auftragsbüchern.
 
Einen offiziellen Überblick über die Rüstungsindustrie sucht man trotz ihrer Bedeutung vergebens. Die letzte Statistik ist Jahrzehnte alt, auch das Wirtschaftsministerium in Baden-Württemberg hat keinen Überblick für den Südwesten. Um die Lücke zu schließen, hat das Bundeswirtschaftsministerium eine Studie in Auftrag gegeben.
 
Das Problem: Zum einen sind es rechtliche Vorgaben und zum anderen die Definition. «Die» Rüstungsindustrie als Solche gibt es laut BDSV nicht. Sie ist demnach sehr kleinteilig und wie in anderen Bereichen auch von vielen Mittelständlern geprägt. Große Rüstungskonzerne wie Rheinmetall oder Kraus-Maffei Wegmann müssten zum Teil mit Hunderten Zulieferern arbeiten, die nur zu gewissen Teilen der Rüstungsindustrie zuzurechnen seien. Viele von ihnen erwirtschaften den Großteil ihrer Umsätze mit zivilen Gütern.
 
So wie MTU in Friedrichshafen. Das Tochterunternehmen des britischen Luftfahrtkonzerns Rolls-Royce produziert in seinem Werk am Bodensee die Motoren für alle bekannten Panzerreihen: vom Leopard über den Marder bis zum Puma. Doch seinen Schwerpunkt hat Power Systems in der Herstellung von schnelllaufenden Antriebssystemen für Schiffe und schwere Land- und Schienenfahrzeuge. Auch Stromkraftwerke gehören zum Portfolio. Die große Nachfrage nach Notstromaggregaten und Jacht-Motoren sorgte im vergangenen Jahr für ein Umsatzplus von 23 Prozent auf bereinigt 3,3 Milliarden britische Pfund (3,9 Milliarden Euro).
 
Das sogenannte Behördengeschäft, in das auch die Panzermotorenproduktion fällt, machte laut Unternehmen 2022 zehn Prozent des Gesamtumsatzes aus und wuchs nur um ein Prozent. Große Aufträge der Bundesregierung seien noch nicht eingegangen, so der Vorstand. Vorbereitet sei man aber.
 
Airbus Defence and Space in der kleinen Bodensee-Gemeinde Immenstaad ist zwar auf Satelliten spezialisiert, macht aber auch Geschäft mit der Luftverteidigung. Ende November meldete das Unternehmen die Produktion der 2000. Zieldrohne, die einen Angriff mit Kampfjets oder anderen Marschflugkörpern simulieren kann. Kunden sind Streitkräfte auf der ganzen Welt.
 
«Airbus Defence hat im vergangenen Jahr einige wichtige Aufträge für Airbus Defence and Space gewonnen», erklärt ein Sprecher. Dazu gehörten etwa das unbemannte Flugsystem Eurodrone und 20 Eurofighter-Kampfflugzeuge der neuesten Generation für die spanischen Luftstreitkräfte. «Zum Airbus-Defence-and-Space-Umsatz hat der Bereich Military Aircraft, zu dem auch die Eurodrone zählt, 53 Prozent beigetragen.» 2021 seien es 52 Prozent gewesen.
 
Auch die aus einer früheren Sparte des Airbus-Konzerns 2017 hervorgegangene Hensoldt AG, die Sensor- und Radarsystem herstellt, hat neben München und Ulm auch einen Sitz in Immenstaad. Ein paar Kilometer weiter westlich liegt Überlingen, wo das Unternehmen Diehl Defence unter anderem Hightech-Lenkflugkörper, Munition und Luftverteidigungssysteme fertigt.
 
Damit ist der Bodensee laut Experten neben Bayern und der Küstenregion im Norden ein wichtiger Cluster der Rüstungsbranche. Das liegt unter anderem an der Luftfahrtindustrie, die mit dem Zeppelin eine lange Tradition am Bodensee hat. Im ganzen Bundesland sei die Sicherheits- und Verteidigungsindustrie breit aufgestellt und über das ganze Land verteilt, sagte eine Sprecherin des Wirtschaftsministeriums.
 
Schätzungen der Tübinger Informationsstelle für Militarisierung zufolge gibt es in Baden-Württemberg 120 Unternehmen in der Rüstungsbranche, verteilt auf 70 Standorte. Der gemeinnützige Verein, den es seit den 90er Jahren gibt, gehört zu den Kritikern der Rüstungsindustrie und will das Bewusstsein für die Verzweigungen in der Branche fördern und fordert gleichzeitig ihre Abschaffung.
 
«Reine Rüstungsunternehmen gibt es fast gar nicht mehr», sagt Andreas Seifert, der die Informationsstelle mitgegründet hat. Die hochgradige Fragmentierung der Industrie sei ein Grund dafür, wieso sie zu einem großen Teil intransparent sei. Viel Geld könne man mit Wehrtechnik aber trotzdem machen - auch am Bodensee.


In einem alten Buch steht: "Tu deinen Mund auf für die Stummen und für die Sache aller, die verlassen sind." Weiter
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Papst Franziskus am 3.Juni 2019 bei einer Begegnung mit den Teilnehmenden der Vollversammlung der katholischen Hilfswerke für die Ostkirchen (ROACO).

Ähnlich Papst Franziskus auch am 21. Juni 2015: „Manager, Unternehmer die sich Christen nennen und die Waffen herstellen! Das macht mich ein bisschen misstrauisch: Sie behaupten, sie seien Christen!"  Was die Kirchen sonst zur Rüstung sagen: 1. Bischöfe, 2. Diözese, 3. GKKE, 4. Radio, 5. EKM, 6. EKHN, 7. EKD

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