Diskussion am Ellenrieder Gymnasium Konstanz im Februar 2012

Bildunterschrift: Sie diskutierten engagiert über die Bildungspartnerschaft (von links): Schulleiter Peter Beckmann, Dekanin Hiltrud Schneider-Cimbal, EADS-Standortleiter Jens Nielsen, Rüstungsexperte Jürgen Grässlin, SMV-Referent Daniel Freudenberger, IHK-Hauptgeschäftsführer Claudius Marx und Schülersprecher Max Fleig. Moderator war Rolf Weßner.

SÜDKURIER Konstanz, 04.02.2012, Bildung, Autorin Kirsten Schlüter, Link zur Quelle

Bildungspartnerschaft: Spannende Debatte um Rüstung und Moral

Die Debatte um die Bildungspartnerschaft zwischen Ellenrieder-Gymnasium und dem Luft-, Raumfahrt- und Rüstungskonzern EADS geht weiter: Schüler und Eltern diskutierten mit einem breit besetzten Podium.

– Rüstung, Opfer, Fachkräftemangel, Gewissen – es waren große Fragen, die bei der Podiumsdiskussion am Ellenrieder-Gymnasium abgearbeitet wurden. Das Thema lautete „Bildungspartnerschaft Ellenrieder-Gymnasium und EADS, gesellschaftlicher Auftrag und ethische Verantwortung“. Mit der Debatte wollte die Schule dem Wunsch vieler Eltern nachkommen, die Kooperation bestehen zu lassen, sie aber immer wieder kritisch zu hinterfragen.

Auf dem Podium hatten die Teilnehmer Gelegenheit, ihre Positionen darzustellen: Peter Beckmann und IHK-Hauptgeschäftsführer Claudius Marx (die Industrie- und Handelskammer ist treibende Kraft von Bildungspartnerschaften) wollen auf die Vielfalt der Arbeitswelt vorbereiten, EADS-Standortleiter Jens Nielsen möchte junge Menschen für Technik begeistern. Die evangelische Dekanin Hiltrud Schneider-Cimbal wünscht sich Schule als Ort der kritischen Auseinandersetzung und hält die Partnerschaft daher für „segensreich“. Rüstungsgegner Jürgen Grässlin findet, die Kooperation müsse sofort gekündigt werden, da EADS-Cassidian seinen Umsatz fast nur mit Rüstungsprodukten mache. Auch unter den Schülern ist die Meinung geteilt: Daniel Freudenberger, SMV-Referent für Soziales und Politik, sagte: „Schule soll Frieden fördern und nicht von Krieg profitieren.“ Schülersprecher Max Fleig hielt dagegen: „Für die Schüler überwiegen die Vorteile der Kooperation, aber die Schule sollte weitere Partner finden, um eine Alternative zu bieten.“

An diesem Abend entsponnen sich viele gute Dialoge. Ein Beispiel: Claudius Marx fragte, warum viele Leute Wurst essen, sich aber keinen Schlachthof anschauen. „Wir müssen hingehen und gucken, um urteilen zu können!“, so Marx. Darauf erwiderte Daniel: „Uns hat auch niemand auf ein Schlachtfeld geführt, damit wir uns ein Bild machen können.“ Marx konterte: „Hast du dir überlegt, warum du noch nie auf einem Schlachtfeld warst? Spielt Rüstungstechnik dabei vielleicht auch eine Rolle?“ Stirnrunzeln, Schulterzucken, Kopfschütteln: Bei diesem Thema gibt es kein Schwarz und Weiß. Aber es gibt unendlich viele Argumente. Wenn die Debatte drohte, zu sehr in grundsätzliche Fragen um Sinn und Unsinn von Waffen abzudriften, schritt Moderator Rolf Weßner beherzt ein.

Dann wurde es konkreter. Ein paar Schüler und Eltern äußerten Kritik an der Informationspolitik der Schulleitung vor Vertragsunterzeichnung, fragten nach der künftigen Ausgestaltung der Partnerschaft sowie nach möglichen neuen Kooperationen. „Wir sind auf der Suche, aber das ist nicht einfach, weil wir Ansprüche an die Firmen stellen“, so Beckmann. Doch auch die Schüler stellten Ansprüche. Elftklässler Louis Mourier bemängelte, dass er beim Besuch von EADS keinen Ton über die Rüstungssparte gehört habe. „Wir wollten die ganze Bandbreite erfahren“, so Louis. Max forderte: „Trauen Sie Schülern eine eigene Meinung zu!“ Daraufhin sicherte Jens Nielsen zu, das Programm in Absprache mit der Schule zu ändern.

Peter Beckmann schrieb fleißig mit und sagte: „Es gibt noch kein fixes Schema, wie wir mit der Partnerschaft umgehen. Mit dieser Veranstaltung heute beginnt die Ausgestaltung durch Anregungen der Schüler.“ Der Schulleiter war auch offen für Jürgen Grässlins Idee, dass die Schüler mit den Opfern von Waffenproduzenten sprechen sollten. „Nur wenn die Schüler die ganze Palette von EADS gezeigt bekommen, ist diese Partnerschaft ehrlich“, meinte Grässlin. In Friedrichshafen wird die Thematik übrigens völlig anders beurteilt: An keiner der vier dortigen Kooperationsschulen gebe es eine solche Debatte, sagte Jens Nielsen.

An diesem Abend wurde deutlich, dass die Gymnasiasten sich intensiv mit der Bildungspartnerschaft auseinandergesetzt haben. Sie stellten viele gute Fragen: Spielt es eine Rolle, ob ein Unternehmen zu 92 oder zu fünf Prozent in der Rüstungsindustrie tätig ist? Wo ist die Grenze zwischen Gut und Böse? Und töten Waffen die Menschen oder töten Menschen Menschen? „Je länger der Abend dauert, desto besser wird es“, sagte Claudius Marx. „Ich mache mir keine Sorgen, dass ihr euch von irgend jemandem vereinnahmen lasst.“

Im Vorfeld der Diskussion kam es zu einem Zwischenfall. Peter Beckmann machte von seinem Hausrecht Gebrauch und bat den Linke-Stadtrat Holger Reile sowie den Journalisten Hans-Peter Koch (der am Ellenrieder bereits Hausverbot hatte), den Raum zu verlassen. Da die beiden sich weigerten zu gehen, rief Beckmann die Polizei. Beamte geleiteten Reile und Koch hinaus. Aus Solidarität verließ auch Theater-Intendant Christoph Nix den Raum.


In einem alten Buch steht: "Tu deinen Mund auf für die Stummen und für die Sache aller, die verlassen sind." Weiter
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Papst Franziskus am 3.Juni 2019 bei einer Begegnung mit den Teilnehmenden der Vollversammlung der katholischen Hilfswerke für die Ostkirchen (ROACO).

Ähnlich Papst Franziskus auch am 21. Juni 2015: „Manager, Unternehmer die sich Christen nennen und die Waffen herstellen! Das macht mich ein bisschen misstrauisch: Sie behaupten, sie seien Christen!"  Was die Kirchen sonst zur Rüstung sagen: 1. Bischöfe, 2. Diözese, 3. GKKE, 4. Radio, 5. EKM, 6. EKHN, 7. EKD

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